Ganzjahresreifen – Universallösung oder Kompromiss?

Dass Wetterbedingungen gewaltigen Einfluss auf die Fahreigenschaften von Kraftfahrzeugen haben, ist schon lange bekannt. Bereits 1922 entwickelte der amerikanische Reifenhersteller Dunlop daher einen sogenannten Allwetterreifen. Obwohl diese noch nicht viel mit den heutigen Ganzjahresreifen gemein hatten, war es der erste Schritt in Richtung Universallösung. Denn beim Autofahren kommt es vor allem auf eines an: den richtigen Grip in allen Fahrsituationen. Auf trockener Straße sind Haftung und Traktion am besten.

Regnet es oder kommt es gar zu winterlichen Straßenbedingungen, ändert sich das Fahrverhalten jedoch extrem. Das Problem liegt dabei in der Abstimmung des Reifenprofils. Wie man es von Rennfahrzeugen her kennt, sind eigentlich Slicks, also Reifen ohne jedes Profil, in Sachen Bodenhaftung die beste Wahl – solange es trocken und warm ist. Dann haftet der Gummi mit maximaler Fläche auf der Straße. Bei Regen schwimmt ein solcher Reifen aber sofort auf. Während auf der Rennstrecke dann zu Regenreifen mit Profil gewechselt wird, ist das bei der Teilnahme am Straßenverkehr keine Alternative. Deswegen haben auch Sommerreifen immer ein Profil, das zur Wasserverdrängung über die speziell geschnittenen Rillen dient.

Ganzjahresreifen oder Allwetterreifen dürfen, sofern sie das Schneeflockenemblem auf der Schulter zeigen, bei allen Wetterlagen, also auch im Winter bei Schnee und Eis gefahren werden. Der jährlich erforderliche Wechsel von Sommer- auf Winterreifen und umgekehrt entfällt und auch das Problem der Lagerung der Reifen stellt sich nicht mehr. Der Stress, der sich bei einem plötzlichen und unerwarteten Wintereinbruch einstellt, weil alle Kraftfahrer versuchen, sofort einen Termin für den Reifenwechsel zu bekommen, gehört mit Ganzjahresreifen der Vergangenheit an.

Allerdings haftete dem Allwetterreifen noch bis vor etwa 15 Jahren der Ruf an, einen denkbar schlechten Kompromiss zu verkörpern, weil ein Reifen für Fahrten auf Schnee und Eis ein spezielles Profil und eine auf kalte Temperaturen ausgerichtete Gummimischung haben müsse, um effizient zu sein. Umgekehrt verfügen Reifen, die für den Sommerbetrieb vorgesehen sind, ebenfalls ein deutlich anderes Profil und eine andere, für sommerliche Temperaturen optimierte, Gummimischung.

Wahrscheinlich hat der einsetzende Klimawandel mit meist milderen Wintern in Deutschland den Trend zum Ganzjahresreifen gefördert.

Die bedeutendsten Reifenhersteller sahen sich in den letzten Jahren veranlasst, völlig neu designte Allwetterreifen zu entwickeln, die sich hinsichtlich Gestaltung des Reifenprofils und hinsichtlich ihrer Gummimischung durchaus sehen lassen können.

Die besten Allwetterreifen stehen in ihren Wintereigenschaften den echten Winterreifen kaum nach. Das gilt auch für den Sommerbetrieb. Hier sind die besten Ganzjahresreifen den Sommerreifen in puncto Aquaplaning sogar teilweise aufgrund ihres besseren Wasserabfuhrvermögens überlegen.

Im Winter sieht alles anders aus

Bei Temperaturschwankungen ändern sich auch die Materialeigenschaften der Reifen. Gummi wird bei niedrigen Temperaturen spröder, bei höheren weicher. Dadurch verändern sich die Reibungswerte (und somit Bremsweg und andere Fahreigenschaften) sehr stark. Unterhalb von 7 Grad Celsius werden Sommerreifen zunehmend ungeeignet, bei Frost (unabhängig davon, ob Eis und Schnee auf der Straße zu finden sind) verlängert sich ihr Bremsweg sogar deutlich.

Reifenhersteller verwenden daher bei Winterreifen andere Gummimischungen, die ihre Stärken erst bei niedrigen Temperaturen richtig ausspielen können. Während diese bei Schnee und Eis perfekt funktionieren, haben Winterreifen oft bei Regen und auf warmer, trockener Straße Nachteile gegenüber Sommerreifen. Übrigens sollte man im Hochsommer auch nicht mit Winterreifen fahren, da die Gummimischung für die Belastungen unter den dann sehr hohen Temperaturen nicht ausgelegt ist und im Extremfall die Reifen sogar platzen können. Außerdem nimmt der Verschleiß dann deutlich zu.

Was hat die Gummimischung mit Allwetterreifen zu tun?

Die Gummimischung eines Reifens hat wesentlichen Einfluss auf sein Verhalten bei trockenem oder nassem Untergrund sowie bei kalten oder warmen Temperaturen. Die in Deutschland und anderen europäischen Ländern führenden Reifenhersteller verfügen meist auch über eine große Erfahrung im Rennsport, für den sie je nach den vorherrschenden Bedingungen spezielle Reifenmischungen herstellen. Basierend auf diesen Erfahrungen ist es einigen der führenden Reifenhersteller gelungen, die Performance ihrer Allwetterpneus durch Anwendung neuartiger Gummimischungen deutlich zu steigern.

Die Hersteller halten die Rezepte zwar geheim, verraten aber, dass sich die Mischungen durch einen hohen Silica-Anteil auszeichnen und spezielle Harze enthalten. Insgesamt verfügen moderne Allwetterreifen über Gummimischungen, die eine erstaunlich hohe Temperaturtoleranz verfügen. Das ist ein wenig vergleichbar mit einem Mehrbereichsmotoröl. Die speziellen Reifenmischungen verbessern das Haftungsvermögen des Reifens bei kalten Temperaturen und auf Schnee und Eis.

Ebenso verbessern sie die Sommereigenschaften des Reifens hinsichtlich Grip, Abrollvermögen, Verschleiß und Geräuschentwicklung. Zusätzlich zur „richtigen“ Gummimischung sollten Ganzjahresreifen auch über neuentwickelte Profile verfügen.

Was müssen Reifenprofile eines guten Ganzjahresreifens leisten können?

Die Reifenprofile sollen möglichst Alleskönner sein, das bedeutet, dass sie sowohl bei Schnee und Eis auf den Straßen wie auch auf nasser oder auf trockener Straße bei niedrigen oder hohen Temperaturen ein hohes Bremsvermögen, eine gute Traktion und Kurvenstabilität zeigen.

Ein weiterer wichtiger Punkt, der die Sicherheit betrifft, ist die möglichst geringe Neigung zu Aquaplaning bei entsprechenden Straßenverhältnissen. Den meisten führenden Reifenherstellern ist dieser Kompromiss erstaunlich gut gelungen. Ein wichtiger Unterscheidungspunkt zwischen Allwetterreifen und Sommerreifen liegt häufig in der auch äußerlich sichtbaren Gestaltung des Profils. Einige häufig gekaufte Ganzjahresreifen weisen ein typisches V-Profil auf, was sich nicht nur im Winter günstig auswirkt, sondern auch beim Einfahren in einen starken Regenschauer mit leichten Fahrbahnüberflutungen.

Das V-Profil kann das in jeder Schrägrille aufgenommene Wasser unmittelbar nach innen und außen über die Reifenflanken ableiten, sodass die Gefahr von Aquaplaning spürbar verbessert wird. Im Gegensatz dazu weisen die meisten Hochleistungssommerpneus auf ihrer Lauffläche drei bis vier tiefe Längsrillen auf, die den Wasserfilm unter der Lauffläche zerteilen sollen, um so die feste Auflage des Reifens möglichst lange zu gewährleisten. Welcher Reifen hierbei die beste Figur macht, kannst du in entsprechenden Reifentests nachlesen. Besonders günstig kannst du Reifen kaufen, wenn du hier auf dieser Seite unser Vergleichsportal zurate ziehst.

Sind Allwetterreifen die Lösung für alle Jahreszeiten?

Ganzjahres- oder Allwetterreifen bilden einen Mittelweg zwischen reinen Sommer- und Winterreifen. Es spricht einiges dafür, sich für Allwetterreifen zu entscheiden, denn du sparst damit natürlich einiges an Geld. Zum einen benötigst du nur noch einen Satz Räder, den du das ganze Jahr über fahren kannst. Dadurch fallen keine Einlagerungskosten beim Reifenhändler an. Hinzu kommt, dass auch die Kosten bzw. die Arbeit des saisonalen Reifenwechsels eingespart werden.

Mit Allwetterreifen gehst du allerdings einen Kompromiss zwischen beiden Welten ein. Das ist ganz logisch: Es gibt keine eierlegende Wollmilchsau, die alles so gut kann wie der jeweilige Spezialreifen für Sommer oder Winter. Für viele Autofahrer ist das aber auch überhaupt nicht notwendig. Wer im Flachland wohnt, wo nur selten Schnee liegt und keine gewaltigen Steigungen zu bewältigen sind, kommt mit den Winterfahreigenschaften eines Allwetterreifens gut aus.

Auch hauptsächlich in Großstädten fahrende Autos können gut mit Ganzjahresreifen gefahren werden. Wer jedoch im Gebirge wohnt oder häufig längere Fahrten in unterschiedliche Regionen unternimmt, kann mit Allwetterreifen nicht so unbeschwert fahren wie mit reinen Winterreifen. Umgekehrt weist der Allrounder im Sommer nicht die gleichen guten Haftungs- und Bremseigenschaften auf, die ein guter Sommerreifen bietet.

Für wen können Allwetterreifen eine sinnvolle Alternative bieten?

Sich nicht mehr um den saisonalen Reifenwechsel kümmern zu müssen, mag einen Anreiz bieten, sich für Ganzjahresreifen zu entscheiden. Das allein sollte für dich jedoch nicht ausschlaggebend sein. Falls du oft in einer Bergregion mit häufigem Schneefall im Winter unterwegs bist oder sogar dort wohnst, kann dir ein guter Winterreifen oftmals ein klein wenig mehr Sicherheit bieten. Meist zeichnet sich ein moderner Winterreifen durch ein leicht besseres Brems- und Traktionsvermögen aus. Ähnliches gilt für die Sommersaison.

Falls du zu den Vielfahrern gehörst, die oft lange Strecken auf der Autobahn unterwegs sind und auch höhere Geschwindigkeiten nicht scheuen, bietet ein guter Sommerreifen gegenüber dem Allwetterreifen in der Regel kleine Vorteile. Beispielsweise kann der gute Sommerreifen leichte Überlegenheit auf den Gebieten Trockenhaftung und Bremsvermögen, Abrollwiderstand, Abnutzung und Kraftstoffverbrauch zeigen.

Wie oben beschrieben, können einige der als sehr gut eingestuften Allwetterreifen den Sommerreifen bei Regen auf nasser Bahn in ihrer Gesamtperformance sogar überlegen sein und vor allem eine geringere Anfälligkeit für Aquaplaning zeigen. Wenn du viel in der Stadt und auf dem Land unterwegs bist und nicht gerade zu den Kilometerfressern gehörst, kann ein moderner, durchdesignter Ganzjahresreifen für dich eine sinnvolle und empfehlenswerte Alternative sein.

Wann gilt ein Reifen als Ganzjahresreifen?

Wenn du einen Reifen kaufen möchtest, stellt sich eine wichtige Frage: Darf ich im Winter überhaupt mit diesem Produkt unterwegs sein? In Deutschland gibt es keine generelle Winterreifenpflicht, sondern eine situative Pflicht zur Anpassung der Bereifung an die jeweiligen Wetterbedingungen. Das bedeutet, dass du mit Sommerreifen bei trockenem Winterwetter ohne Eis und Schnee durchaus fahren darfst.

Kommst du aber in winterliche Straßenverhältnisse und hast keine für die Witterung geeignete Bereifung, drohen Bußgelder, wenn du in eine Polizeikontrolle kommst. Bei Unfällen berücksichtigen die Versicherungen ebenfalls, ob die richtige Bereifung aufgezogen war, weil der Bremsweg entscheidend bei der Vermeidung eines Crashs ist. Das gilt umgekehrt übrigens auch im Sommer, wenn man auf Winterreifen fährt. Als winterliche Straßenverhältnisse sind folgende Bedingungen definiert:

  • Glatteis
  • Eisglätte
  • Reifglätte
  • Schneematsch
  • Schneeglätte

Augen auf beim Reifenkauf

Winterreifen waren früher leicht am „M+S“-Symbol zu erkennen, das für Matsch und Schnee steht. Da diese Bezeichnung aber nicht gesetzlich geschützt ist, finden sich insbesondere bei manchen asiatischen Reifenherstellern immer wieder schwarze Schafe, die Sommerprofile mit M+S-Symbol verkaufen. Um als Winterreifen im Sinne des Gesetzes zu gelten, müssen solche Pneus mit dem Schneeflockensymbol versehen sein. Dieses darf nur dann verwendet werden, wenn der Reifen bestimmte Anforderungen nachweislich erfüllt hat. Wenn du also Reifen kaufen möchtest, die für den Winter geeignet sind, achte beim Preisvergleich unbedingt auf das Schneeflockensymbol (das übrigens zusätzlich auch „M+S“ enthalten kann).

Das gilt selbstverständlich auch für Allwetterreifen, die das ganze Jahr über gefahren werden sollen. Bei Revoka findest du eine große Auswahl an günstigen Allwetterreifen, die diese Voraussetzungen erfüllen.